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Sicherheit oder Entmündigung?

Was Sicherheit am Arbeitsplatz alles beinhaltet ist jedem klar, denkt man zumindest. Durch einen Besuch des Arbeitsinspektorats wird man eines Besseren belehrt.

Vor dem Besuch habe ich begonnen, Notfalllisten zu machen und zu verteilen, herumstehende Gegenstände (Stolpergefahr) wegzuräumen, einen Platz für die Ersatzflasche vom Gasgrill zu finden usw.

Die Überprüfung unserer Arbeitsbedingungen selbst ging dann ganz schnell und mit einigen Auflagen, die bis Ende Jahr erledigt sein müssen, vorüber. Bei diesen Auflagen lässt sich streiten, ob diese nützlich sind und was sie schlussendlich bewirken. So kann eine Stundenerfassung sinnvoll sein (Ist ja sowieso vom Gesetz her vorgeschrieben). Ob es Sinn macht ein Treppengeländer für 5 Stufen im Eingangsbereich installieren zu müssen, obwohl das Gebäude ja bereits abgenommen wurde, da scheiden sich die Geister. Liest man dann alle Merkblätter durch, die per Mail mit dem Abschlussbericht kommen, fragt man sich schon, wo ist der gesunde Menschenverstand und die Eigenverantwortung der Bevölkerung geblieben. Da sind dann Dinge geschrieben, wie jeder Mitarbeiter beispielsweise seinen Stuhl einstellen muss, wie weit der Bildschirm von der Tastatur entfernt stehen darf, wo die Maus liegen sollte, dass Kabel nicht gespannt werden dürfen oder dass offene Schubladen Stolperfallen sind. Dass es immer wieder schwere Unfälle beim Telefonieren und Schreiben von SMS während des Gehens gibt, weiss man hingegen bereits aus der Presse. Auch dass man Mitarbeiter auf allfällige penetrante Körpergerüche ansprechen sollte, mag zwar sinnvoll aber auch heikel sein. 

Nach der gründlichen Lektüre, welche doch einige Zeit in Anspruch nimmt, fragt man sich nur: Wie lange hat es gedauert bis all diese Merkblätter geschrieben wurden und wie viel hat das Ganze gekostet? Hätte man mit diesem Geld, das sicher in die Millionenhöhe geht, nicht besser etwas Sinnvolleres gemacht? Wieso darf es beim neugebauten Teil am Zürcher Hauptbahnhof einen Bodenbelag haben, der sich bei Nässe zu einer Rutschbahn verwandelt? Dort wäre es dann wahrscheinlich nützlicher, ein Geländer anzubringen (wie das von uns verlangt wird). Aber eben, die Sinnhaftigkeit geht bei solch bürokratischen Angelegenheiten manchmal verloren.

Schlussendlich ist es aber auf jeden Fall wichtig, dass sich alle Mitarbeiter im Betrieb wohl fühlen und sie eine Ansprechsperson haben, wenn dem nicht so sein sollte. So gesehen war der Besuch letztendlich doch sinnvoll. Vermutlich wäre es auch nicht schlecht, meinen Nothelferkurs wieder einmal aufzufrischen (der letzte ist schon einige Zeit her).

Weiterführender Link: NZZ Artikel zum Thema Freiheit

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